Das Kaliningrader Gebiet, das ehemalige nördliche Ostpreußen, ist eine geschichtsträchtige Region. Vor allem Reisende auf den Spuren der Vergangenheit werden in dem Gebiet, das noch nicht einmal so groß ist wie das Bundesland Thüringen, viel Interessantes entdecken. Der Vormarsch des Deutschen Ordens und seine trutzigen Ordensburgen, die Zeit des Deutschen Reiches, der Zweite Weltkrieg und die darauf folgende Sowjetisierung als Teil der UdSSR haben diesen Landstrich auf unterschiedlichste Weise geprägt. Und auch die heutige Situation – eingeklemmt als Exklave zwischen den EU-Mitgliedern Litauen und Polen und somit abgeschnitten vom „Mutterland“ – ist nicht unproblematisch. Mehr als 1.000 Kilometer und eine EU-Außengrenze trennen den Verwaltungsbezirk vom Regierungssitz Moskau – eine Distanz, die sich nicht gerade positiv auswirkt. Wirtschaftlich geht es dem Gebiet nicht besonders gut. Kaliningrader benötigen für die Reise nach Rest-Russland ein Transitvisum.
Wer durch den Kaliningrader Oblast (Oblast = Gebiet) reist, schwankt zwischen Entzückung und Wehmut. Entzückung ob der wunderschönen Landschaften wie die Kurische Nehrung oder die Elchniederung, der teils noch erhaltenen oder mittlerweile restaurierten Bauwerke, die wie Lichtblicke zwischen den Sowjetklötzen herausragen, oder der Gastfreundlichkeit der Bevölkerung. Wehmut kommt auf beim Anblick der traurigen Plattenbausiedlungen und der Tristesse, die viele Städte heute ausstrahlen. Historische Bauwerke wichen der sowjetischen Stadtplanung und massigen Betonklötzen. Alles „Deutsche“ sollte verbannt werden, wurde verfallen lassen oder auch mutwillig zerstört. Das Königsberger Schloss ist eines der bekanntesten Beispiele dafür. Auch heute noch gibt es Diskussionen darum, ob dieses Bauwerk, dessen Grundmauern durch Ausgrabungen mittlerweile freigelegt sind, wieder aufgebaut werden soll.
Alles in allem: Das ehemalige Ostpreußen ist eine Region, die – trotzdem oder gerade deshalb – fasziniert. Wer den leicht maroden Charme der alten Seebäder Cranz oder Rauschen und die weitläufige, leicht hügelige Landschaft mit ihren langen Alleen mag, das alte Königsberg und seine Überbleibsel zwischen den Betonklötzen des heutigen Kaliningrad erkunden möchte und dann noch einen Sinn für Geschichte mitbringt, der kann im ehemaligen Ostpreußen einen vielseitigen Urlaub verbringen. Eine Entdeckungsreise lohnt sich!
Nach der Öffnung des Gebietes zog es jährlich zahlreiche Touristen an – häufig sogenannte Heimwehtouristen. Sie gingen auf Spurensuche und suchten ihre früheren Wohnorte oder die ihrer Familien auf. Heute werden es immer weniger, die aus diesem Motiv heraus anreisen. Die Menschen, deren Vergangenheit mit Ostpreußen in Verbindung steht, werden älter, werden weniger.
Aber die Region hat viel zu bieten – auch jenseits seiner Vergangenheit. Die Seebäder an der Samland-Küste oder auf der Kurischen Nehrung laden seit der Öffnung des Gebietes wieder zur Erholung ein, Wanderungen in den einsamen Naturidyllen der Rominter Heide oder der Elchniederung sind ein wahres Naturerlebnis. Und das alte Königsberg, heutiges Kaliningrad, lockt mit Kultur, modernen Shopping-Möglichkeiten und einer bunten Restaurant- und Café-Szene. Willkommen im Kaliningrader Gebiet!