Die weitgehend unberührte Natur, sanfte Hügelketten mit Wiesen und tiefen Wäldern, wilde Seen- und Sumpflandschaften und nicht zuletzt die einzigartige Kurische Nehrung – Litauen ist einfach ein herrliches Reiseland, gerade für Menschen, die eine unverfälschte und mancherorts vielleicht etwas raue Natur zu schätzen wissen.
Von der Landschaft kann man schon fast auf seine Einwohner schließen: Die Kuren, die vor allem die Küste bis nach Lettland hinauf siedelten, galten als ein raues Volk. Überhaupt scheinen die Litauer ein zähes Volk zu sein. Während die Letten und Esten im 13. Jahrhundert durch den Schwertbrüderorden und den Deutschen Orden zum Christentum bekehrt wurden, haben die Litauer erbitterten Widerstand geleistet. Die religiöse Hinwendung zum Christentum kam erst, als Litauen sich im 14. Jahrhundert mit dem katholischen Polen zusammenschloss.
Vilnius und Kaunas sind für jeden auch nur vage Kulturinteressierten unbedingt einen Besuch wert. Ihre Geschichte, das Architekturbild, das vor allem Stilelemente des Klassizismus, Barock und der Renaissance verkörpert, bildet eine herrliche Kulisse für einen Städteurlaub. Die unzähligen Kirchen, die berühmte Universität und natürlich die Reste der alten Burg der Hauptstadt Vilnius sollten sich Besucher nicht entgehen lassen. Kaunas, zeitweilig Hauptstadt Litauens und zweitgrößte Stadt des Landes, lockt mit seiner alten Burg, dem Rathaus, das wegen seiner Architektur auch als „Weißer Schwan“ bezeichnet wird, und der sehenswerten Peter-und-Paul-Kathedrale.
Interessant ist auch ein Besuch am Berg der Kreuze nahe der Stadt Siaulilai: Unzählige Kreuze wurden hier nach der Unterdrückung des litauischen Aufstandes von 1831 auf einem Hügel aufgestellt: Große und kleine, verzierte und schmucklose – Kreuze soweit das Auge reicht. Unter den Sowjets wurde der Ort mehrfach zerstört, von den Litauern aber stets wiedererrichtet.
Und natürlich sollte ein Besuch der Kurischen Nehrung auf keiner Reise fehlen. Das herrliche Fleckchen Erde mit seiner einzigartigen Dünenlandschaft, den luftigen Kiefernwäldern und den hübsch zurechtgemachten Fischerdörfern ist ein wunderbares Kontrastprogramm zu einem erlebnisreichen Städtetrip.
So sehr die baltischen Staaten manchmal von Außenstehenden als eine Einheit gesehen werden (vor allem die jüngere Geschichte führt zu diesem Schluss), so sehr muss man doch auf die Unterschiede und die Eigenständigkeit einer jeden Republik hinweisen. Dies drückt sich etwa in der früheren Geschichte aus, in der Religion, in den völlig unterschiedlichen Sprachen, aber auch in der Architektur.
Die Wirtschaftskrise hat Litauen zugesetzt. Eine hohe Arbeitslosenquote und fehlende Perspektiven führten dazu, dass Litauen ein Abwanderungsland geworden ist. Gerade jüngere Menschen versuchen sich nach West-Europa zu orientieren in der Hoffnung auf bessere berufliche Aussichten. Die Einwohnerzahl Litauens schrumpfte von 3,7 Millionen Einwohnern kurz nach der Unabhängigkeit auf mittlerweile nur noch knapp 3 Millionen Einwohner.